Neue Zementnorm DIN EN 197-5

17.01.2022

Nach jahrelangem Tauziehen ist im Juli 2021 die neue Zementnorm DIN EN 197-5 erschienen. Darin werden Rahmenbedingungen für eine deutliche Reduktion des Klinkeranteils in Zementen definiert: ein wichtiger Schritt, um dem Ziel der CO2-Neutralität in der Betonbauweise näherzukommen. MC bietet bereits eine ganze Reihe von Produkten, mit denen auch klinkerarme Betone gut funktionieren.

Zementwerke wie dieses sind gefordert, ihren CO<sub>2</sub>-Ausstoß in den kommenden Jahren drastisch zu reduzieren.
Zementwerke wie dieses sind gefordert, ihren CO2-Ausstoß in den kommenden Jahren drastisch zu reduzieren.
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Er ist der wichtigste Baustoff der Welt, ohne den praktisch kein Neubau auskommt: Zement. Er ist der Stoff, der mit Wasser reagiert, auf diese Weise Sand und Kies zusammenhält und daraus Beton entstehen lässt. So essenziell der Baustoff ist, so deutlich sind seine Auswirkungen auf den menschengemachten Klimawandel.

800 kg freigesetztes CO2 für eine Tonne Portlandzement

Bereits die Verbrennung fossiler Rohstoffe, die den Drehofen auf mehr als 1.400 °C erhitzen, setzt einiges an CO2 frei. Aber dieser Prozess verursacht gerade mal ein Drittel des Ausstoßes – zwei Drittel der CO2-Emissionen von klassischem Zement stammen aus dem Kalkstein bzw. dem Kalziumkarbonat, das als Ausgangsstoff zu Klinker gebrannt wird. Der dahinterstehende chemische Prozess heißt Entsäuerung: Der Rohstoff Kalziumkarbonat mit der Zusammensetzung CaCO3 zerfällt beim Brennen in Klinker mit der Formel CaO sowie CO2. Nimmt man die beiden Prozesse zusammen und addiert den energetischen Aufwand der weiteren Verarbeitung, beispielsweise des Mahlens des in feiner Pulverform benötigten Zements, hinzu, so ergeben sich jeweils bis zu 800 kg freigesetztes CO2 für eine Tonne des verkaufsfertigen Portlandzements.

Vier Milliarden Tonnen Zement pro Jahr

Vier Milliarden Tonnen Zement werden weltweit pro Jahr hergestellt. In diesem Zeitraum produziert ein typisches Zementwerk im Durchschnitt rund eine Million Tonnen Zement. Über 50 dieser Werke stehen in Deutschland. Doch während weltweit seit Jahren viel über klimaschädliches Fliegen, schmutzige Kohlekraftwerke oder dreckige Dieselmotoren diskutiert wird, ist der Bausektor im Vergleich noch nicht im öffentlichen Bewusstsein angelangt. Der Hauptgrund: Derzeit gibt es für die Bauwirtschaft schlichtweg keine Alternativen für den Einsatz von Zement. So wurden in Deutschland 2020 immerhin 30 Millionen Tonnen verbaut – und ca. 24 Millionen Tonnen CO2 emittiert. Zum Vergleich: China verbraucht derzeit über 2,5 Milliarden Tonnen Zement jährlich. Der CO2-Ausstoß der weltweiten Zementherstellung ist so groß, dass sie für etwa acht Prozent der vom Menschen zu verantwortenden Treibhausgasemissionen weltweit verantwortlich ist – und damit für mehr Emissionen als der globale Flugverkehr und alle Rechenzentren weltweit zusammen verursachen. Angesichts der steigenden Nachfrage in Schwellenländern wie Indien, Asien und Afrika dürfte dieser Wert in den nächsten Jahren sogar noch steigen.

Ziel: Reduktion des CO2-Fußabdrucks

Entsprechend groß sind die Bemühungen, die hinter der Zementherstellung stehenden Prozesse nachhaltiger zu gestalten. Dabei wurde bisher schon der fossile Brennstoffbedarf für das Brennen durch alternative, biomassehaltige Brennstoffe mit geringerem CO2-Fußabdruck weitgehend ersetzt und die Effizienz der Prozesse weiter optimiert. Der Trend geht zu Zementen, bei denen der Portlandzementanteil, auch Klinker genannt, durch reaktive oder inerte Stoffe verringert wird. So wurde der Klinkeranteil in den letzten zehn Jahren bereits auf
im Mittel 70 % reduziert.

Neue klinkerarme Zementklassen

Viele Alternativen, die auf den klassischen Baustoff Zement verzichten, sind weltweit in der Erforschung. Aber die Menge dieser Alternativen, die benötigt wird, ist auf absehbare Zeit wohl kaum herstellbar. Also soll auf der Basis bestehender Zemente der Anteil des Klinkers signifikant gesenkt werden. So sieht es auch die neue Zementnorm DIN EN 197-5 vor. Sie beschreibt zwei neue Zementklassen Portlandkompositzemente CEM II/C-M und Komposit-zemente CEM VI, mit denen die Gebrauchstauglichkeit der Betonbauwerke auch mit geringen Klinkergehalten sichergestellt wird. Sie ist das Ergebnis langjähriger Forschungen, insbesondere zur Dauerhaftigkeit der damit hergestellten Betone. Die Idee dahinter ist, den klassischen Zement feiner zu mahlen und ihn mit weniger reaktiven Stoffen zu „verdünnen“. Während der klassische Portlandzement 95 % aus Klinker besteht, soll die neue Zementnorm DIN EN 197-5 nun den breiten Einsatz von klinkereffizienten CEM II/C-M und CEM VI-Zementen ermöglichen, um das Ziel der CO2-Neutralität der Betonbauweise zu erreichen. Für CEM II/C-M kann der Klinkergehalt auf bis zu 50 Masse-Prozent reduziert werden, für Kompositzemente CEM VI auf bis zu 35 Masse-Prozent.

Für Innenbauteile und normale klassische Außenbauteile

Dabei ist klar, dass ein Zement mit vollem Klinkeranteil, also Portlandzement, eine andere Leistungsfähigkeit aufweist als ein Zement, bei dem der Klinkeranteil halbiert wurde. Das schlägt sich vor allem bei der Frühfestigkeit nieder und macht den Beton empfindlicher in puncto Nachbehandlung der Oberflächen. Der geringere Klinkeranteil verlangsamt die Hydratation des Betons signifikant. Durch besonders feines Mahlen des Zements kann der spätere Beton zwar auf eine normale 28-Tage-Festigkeit getrimmt werden, doch manche Eigenschaften wie z. B. Frostwiderstand oder Dichtigkeit des Gefüges gegen eindringende Medien können sich dadurch vermindern. Entsprechend sind diese Zemente zwar für Innenbauteile und das normale klassische Außenbauteil, das auch beregnet wird, geeignet, doch nicht unbedingt universell für alle Expositionsklassen einsetzbar. Hierzu werden zurzeit Anwendungsregeln erarbeitet und bauaufsichtliche Zulassungen anhand von Untersuchungen erteilt. Für die Hauptanwendung Innenbauteile und Außenbauteile mit mäßigem Frost, die rund 70 % des Betonmarktes ausmachen, sind die Dauerhaftigkeitsanforderungen der klinkerreduzierten Zemente bereits nachgewiesen, allein da ist ein erhebliches CO2-Senkungspotenzial gegeben.

Längere Baustellzeiten

Doch der Idealfall der Baustelle, bei dem um 10 Uhr betoniert und am nächsten Morgen um 10 Uhr ausgeschalt wird, wird mit den besonders klinkerarmen Zementen sicherlich zur Ausnahme, insbesondere bei niedrigen Temperaturen. Entsprechend wird die Schalung länger stehen müssen, sodass die Baustelle und der Baufortschritt zukünftig anders organisiert werden müssen. Der Zeitrahmen für das Erreichen der Klimaziele wird bei der Zementherstellung langsam enger. Durch den Kostendruck der CO2-Zertifikate und sonstige drohende Regelungen kommt nun mehr Bewegung in die Branche. So steigt mit der nun in weiten Teilen feststehenden Bepreisung der CO2-Emissionen der Druck auf die Zementindustrie, die neuen Zemente in den Markt zu bringen; vor allem in Deutschland, wo sich die im Frühherbst 2021 gewählte neue Regierung zumindest von der Papierform her eine striktere Klimapolitik auf die Fahnen geschrieben hat und sicherlich auch die Geschwindigkeit der künftigen CO2-Bepreisung maßgeblich bestimmen wird. Die geplanten Maßnahmen der Industrie sind daher vielfältig: Nicht nur die neuen, klinkerärmeren Zemente stehen dabei auf der Tagesordnung, sondern vor allem Klinker-Alternativen, nicht fossile Brennstoffe, besseres Recycling und nicht zuletzt die Rekarbonatisierung, also die Wiederaufnahme von CO2 vom erhärteten, fertigen Beton selbst.

MC-Know-how setzt neue Standards

Auch die Forschung im Bereich der Betonadditive muss nun erst einmal nachsetzen. Dabei ist MC gut aufgestellt, wie in der Vergangenheit bereits die Forschung an klimafreundlichen Baustoffen unter Beweis gestellt hat. Die daraus resultierende Entwicklung einer ganzen Reihe innovativer Produkte wie zum Beispiel des zementfreien Ringspaltmörtels oder des zementfreien EFC-Betons sprechen hier eine klare Sprache. Zudem arbeitet MC derzeit im Forschungsprojekt SABINE (mehr dazu in der Rubrik „Nachhaltigkeit“ auf Seite 12) mit Forschungseinrichtungen und weiteren Unternehmen an der Verwertung von Stahlwerksschlacken als Bindemittel für geotechnische Baustoffe.

 

So sind schlussendlich die Experten der MC gefordert, um mit neu formulierten Zusatzmitteln fehlende Eigenschaften der neuen Baustoffe weitestmöglich auszugleichen. Denn eins ist schon jetzt klar: Die neuen Betone erfordern ein deutlich höheres Maß an Zwischen- und Nachbehandlung. Zudem werden die Ausschalfestigkeiten später erreicht, daher werden hier zukünftig Erhärtungsbeschleuniger wie die Produkte der MC-FastKick Reihe ebenso wie MC-PowerFlow Hochleistungsfließmittel auf Basis der neuesten MC-Polymertechnologie noch viel mehr ihre Stärken ausspielen können.

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