Wie funktioniert 3D-Betondruck?

Jun 15, 2021

Noch vor einigen Jahren wirkte der 3D-Druck wie eine recht abenteuerliche Melange aus Science Fiction und Nischentechnologie für wenige ausgewählte Unternehmen weltweit. Doch das hat sich dramatisch gewandelt. Derzeit werden immer wieder neue Anwendungsmöglichkeiten ins Spiel gebracht. Dabei ist ein Bereich ganz besonders spannend: der 3D-Betondruck, mit dem sich sehr individuelle Bauteile ebenso realisieren lassen wie ganze Gebäude. 

 

Das gedruckte Haus

Häuser aus dem Drucker? Was im ersten Moment noch recht befremdlich klingen mag, ist in der Baubranche eines der großen Technologiethemen von Morgen. Dabei sind Experten, Planer und Unternehmen weltweit auf der Suche nach neuen Konzepten, mit denen man schnell, umweltverträglich und soweit wie möglich kostengünstig bauen kann. Das gilt für die ausufernden Metropolen der Industrienationen ebenso wie für die geradezu explodierenden Megastädte der Entwicklungs- und Schwellenländer. In den USA, Großbritannien, China und nicht zuletzt in Deutschland wurden Projekte zur Forschung und Entwicklung eines serienreifen, für die Massenproduktion geeigneten Verfahrens des 3D-Betondrucks vorangebracht. 

 

Drei verschiedene Ansätze beherrschen derzeit die Diskussion um die Fertigung von Strukturen und Teilen im 3D-Betondruck: die Pulverbetttechnik, die aktuell weiter verbreitete Extrusionstechnik sowie das Nassspritzverfahren.

 

Die Pulverbetttechnik

Die Pulverbetttechnik lässt sich in zwei unterschiedlichen Ansätzen verfolgen: Entweder wird ein Gesteinskörnungsgemisch durch lokales Auftragen von Zementleim zu einem Komposit verbunden oder eine Verfestigung wird durch punktuelles Auftragen von Wasser auf ein Gemisch aus Gesteinskörnung und Zement erreicht. Bei beiden Techniken können selbst filigrane Strukturen problemlos erzeugt werden – doch gerade bei größeren Bauteilen sind zahlreiche Arbeitsdurchgänge notwendig, so- dass die Prozessgeschwindigkeit relativ gering ausfällt.

 

Die Extrusionstechnik
In der Extrusionstechnik legt ein Düsenkopf Materialstränge unterschiedlicher Form, Höhe und Breite schichtweise aufeinander ab. Man spricht daher auch von einem additiven Verfahren. Der Prozess ist am ehesten mit dem etablierten konventionellen 3D-Druck mit Kunststoffmaterialien zu vergleichen. Das Verfahren ist zwar schneller, hat aber ebenfalls eine Schwachstelle – und das im wahrsten Wortsinn.
Da die Materialstränge einzeln aufeinander „abgelegt“ werden, ergibt sich der Haftungsverbund nur durch das Anpressen des jeweils neuen Stranges an den darunter liegenden. Hier kann es daher zu Problemen bei mechanischer Belastung hinsichtlich der Biegezug- bzw. Scherfestigkeit kommen.

 

Das Nassspritzverfahren

Das Nassspritzverfahren ist ebenfalls ein additives Verfahren und ähnelt der Extrusionstechnik. Auch hier wird das vorgemischte Nassspritzgut zu einer Spritzdüse gepumpt, dort unter Druckluftzufuhr beschleunigt und Schicht auf Schicht auf dem Untergrund appliziert. Aufgrund der hohen Auftragsrate und der hohen Prozessgeschwindigkeit eignet sich das Verfahren sehr gut für die Fertigung großformatiger, räumlicher Bauteile. Der Einsatz des Betonspritzverfahrens ermöglicht es, im Gegensatz zum Extrusionsverfahren, den Auftragswinkel der Spritzdüse vertikal und horizontal zu variieren. Dies führt zu neuen Möglichkeiten im Hinblick auf die erzeugbaren geometrischen Formen. Filigranere Strukturen sind dabei jedoch kaum zu erzielen. Außerdem bringt der größte Vorteil des Verfahrens auch eine Herausforderung mit sich: Der hohe Druck beim Auftrag sorgt einerseits für eine außerordentlich hohe Verdichtung des Materials – doch werden dadurch auch vermehrt Rückstände freigesetzt, mit denen in Form von Staub- und Aerosolentwicklung umgegangen werden muss. Alle drei genannten Techniken haben also ihre Stärken und Schwächen. Grund genug für zwei deutsche Forschungsprojekte, sich intensiver mit der Verfahrens-optimierung im 3D-Betondruck zu beschäftigen.

 

 

Zukunftstechnik mit Perspektive

Steht diese Technologie auch noch am Anfang, so hat sie doch bereits ihre Praxistauglichkeit international mehrfach unter Beweis gestellt. Im Mai 2016 wurde in Dubai das erste vollständig gedruckte Bürogebäude der Welt eröffnet. Die Vereinigten Arabischen Emirate verfolgen sogar eine staatlich geförderte „3D-Printing Strategy“ – mit dem Ziel, bis 2030 ein Viertel aller Neubauten im Golfstaat mittels 3D-Druck herzustellen. Auch das chinesische Unternehmen „Win Sun“ verwendet bereits einen industriell einsetzbaren Beton-3D-Druck, bei dem die Einzelteile standardisierter Wohnhäuser in einer Fabrik gedruckt und später auf der Baustelle nur noch zusammengefügt werden müssen.

 

Ganz aktuell ist ein Projekt aus Mailand: Ein etwa 100 Quadratmeter großes, eingeschossiges Demon-

strationsgebäude wurde konstruktiv aus 35 modularen Elementen, die ein Roboter hergestellt hat, aufgebaut. Der flexible Drucker benötigte für den 3D-Druck der einzelnen Elemente jeweils 60 bis 90 Minuten. Die effektive Bauzeit für das komplette Gebäude betrug damit lediglich 48 Stunden. So ist der 3D-Betondruck auf dem besten Wege, ein wichtiger Baustein in der Bauwelt zu werden.

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